Haftung von angestellten Finanzberatern

Auch angestellte Finanzberater können unter bestimmten Voraussetzungen in die Haftung genommen werden, wobei die Hürden hier sehr hoch sind und es Anlegern nur äußerst selten gelingt, hier erfolgreich Schadensersatzansprüche durchzusetzen.

Die Geltendmachung von Schadensersatz gegen angestellte Berater erfolgt üblicherweise gleichzeitig mit einer Klage gegen den Arbeitgeber.

1. Kann ein angestellter Berater haften?

Grundsätzlich ist der angestellte Anlageberater nicht Haftungsadressat von vertraglichen Schadensersatzansprüchen. Dies deshalb, da es sich regelmäßig um unternehmensbezogene Geschäfte handelt und daher der Vertragspartner des Kunden im Rahmen des Beratungsvertrages der Arbeitgeber ist. Etwaige Pflichtverletzungen des angestellten Beraters werden dem Arbeitgeber nach § 278 BGB zugerechnet.


Von diesem Grundsatz gibt es nur wenige Ausnahmen, die gängigsten sind:

  • - Die deliktische Haftung
  • - Die Haftung wegen Inanspruchnahme von besonderem persönlichen Vertrauen
  • - Mangelnde Offenlegung der Stellvertretung

2. Wann haftet der angestellte Berater nach deliktischen Grundsätzen?

Wie jeder Finanzberater kann auch der angestellte Berater nach den Vorschriften der §§ 823 ff. BGB in Anspruch genommen werden, da diese Normen grundsätzlich keine vertragliche Sonderverbindung zwischen dem Kunden und dem Berater voraussetzen. Die deliktischen Anspruchsgrundlagen werden von Gerichten sehr selten bejaht und ihre Voraussetzungen sind für den klagenden Anleger äußerst schwierig nachzuweisen.

Als mögliche Anspruchsgrundlage ist insbesondere zu nennen § 826 BGB. Diese Vorschrift setzt das Bestehen eines Beratungsvertrages nicht voraus. Voraussetzung ist jedoch, dass der Kunde durch seinen Anlageberater vorsätzlich und in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Art und Weise geschädigt worden ist. Diese Vorschrift spielt in der Praxis eine untergeordnete Rolle und erlangt meist dann Bedeutung, wenn jemand in Anspruch genommen werden soll, der offensichtlich nicht Vertragspartner des Kunden ist. Beispielsweise Vertriebsmitarbeiter eines Finanzberatungsunternehmens, Mitarbeiter von Banken oder vertraglich gebundene Vermittler wie im aktuellen Fall Infinus. Der Durchsetzung eines deliktischen Anspruchs ist schon aufgrund der hohen Beweisschwierigkeiten und weil üblicherweise auch ein Gericht erkennt, dass derlei Vorwürfe „an den Haaren herbeigezogen“ sind, äußerst selten Erfolg beschieden.

Des Weiteren kann noch der deliktische Anspruch der §§ 823 Abs. 2 BGB iVm strafrechtlichen Normen bestehen. Typischerweise kommen hier angebliche Urkundenfälschungen oder Betrug in Betracht. Auch diesen Ansprüchen bleibt der Erfolg nahezu in allen Fälle versagt. Dennoch kann es einem Vermittler passieren, sich im Fadenkreuz von strafrechtlichen Ermittlungen wieder zu finden, was emotional äußerst belastend sein kann.

3. Was bedeutete Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens?

Hierbei handelt es sich um eine absolute Ausnahmekonstellation, in welcher vertragliche Ansprüche aus dem Beratungsvertrag ausnahmsweise auch gegen den angestellten Berater bestehen können.

Voraussetzung hierfür ist die Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens. Hierbei muss es sich um eine Vertrauensstellung handeln, die über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgeht. Ferner ist Voraussetzung, dass der beratende Mitarbeiter eine von ihm persönlich ausgehende Gewähr für das Gelingen der Anlage übernimmt oder ein wirtschaftliches Eigeninteresse besteht.

Die persönliche Gewähr wird in den seltensten Fällen anzunehmen sein. Sie grenzt schon an eine Garantieerklärung, die der angestellte Berater üblicherweise nicht abgeben wird.

Auch an das wirtschaftliche Eigeninteresse sind hohe Anforderungen zu stellen. Das Interesse daran, für eine erfolgreiche Anlagevermittlung Provisionen oder Boni seitens des Arbeitgebers zu erhalten ist nach der Rechtsprechung ausdrücklich nicht ausreichend.

4. Wann besteht eine mangelnde Offenlegung der Stellvertretung?

Ein Vertrag, so auch ein Beratungsvertrag, kommt im Geschäftsleben grundsätzlich mit demjenigen zu Stande, der dem Betreffenden unmittelbar gegenübertritt. Im Falle einer rechtlichen Stellvertretung treffen die Rechte und Pflichten jedoch den Hintermann, also in der vorliegenden Konstellation den Arbeitgeber.

Voraussetzung hierfür ist jedoch entweder eine ausdrückliche Offenlegung der Stellvertretung oder, dass sich die Stellvertretung aus dem Begleitumständen ergibt, § 164 BGB.

Eine ausdrückliche Stellvertretung liegt vor, wenn der angestellte Berater ausdrücklich sagt oder sich aus schriftlichen Dokumenten ausdrücklich ergibt, dass der Angestellte nicht selbst der Vertragspartner wird, sondern der Arbeitgeber. Eine ausdrückliche Offenlegung der Stellvertretung ist dem angestellten Berater ausdrücklich dann zu empfehlen, wenn er beispielsweise eine Beratung beim Kunden zu Hause durchführt, da sich in einem solchen Fall regelmäßig aus den Begleitumständen nicht ergibt, dass eine Stellvertretung vorliegt.

Der in der Praxis häufigere Fall ist derjenige, dass sich die Stellvertretung aus den Begleitumständen des Vertrages ergibt. Begibt sich ein Kunde beispielsweise zur Deutschen Bank in deren Geschäftsräume und wird dort von einem angestellten Anlageberater beraten, so musste der Kunde selbstverständlich davon ausgehen, dass der Beratungsvertrag mit der Deutschen Bank zu Stande kommt und nicht mit dem Berater persönlich.

Regelmäßig wird der Berater die Stellvertretung auch nicht ausdrücklich offenlegen, ebensowenig wie ein Kassierer bei Aldi dem Kunden an der Kasse ausdrücklich mitteilt, dass nicht der Kassierer persönlich Vertragspartner des Kaufvertrages werden möchte, sondern Aldi.

Dennoch kann in Grenzfällen, insbesondere bei Beratungen die nicht in Geschäftsräumen sondern in den Privaträumen des Kunden stattfinden, die Offenlegung der Stellvertretung zum Streitpunkt werden. Die Beweislast für eine Offenlegung trägt der angestellte Berater. Daher ist in solchen Fällen dringend dazu anzuraten, dass die Stellvertretung schriftlich dokumentiert wird, um Rechtssicherheit zu schaffen.

5. Warum verklagen manche Anleger neben dem Arbeitgeber auch den angestellten Berater, wenn die Erfolgsaussichten so gering sind?

Vor dem Hintergrund der sehr geringen Erfolgsaussichten kann man sich die Frage stellen, aus welchem Grund überhaupt der angestellte Berater in die Haftung genommen werden soll, wenn keine der vorgenannten Ausnahmekonstellationen (besonderes persönliches Vertrauen, deliktische Haftung, mangelnde Offenlegung der Stellvertretung) vorliegt.

Die Antwort ist denkbar simpel und wohl für die meisten Fälle zutreffend: Sobald der angestellte Berater in einem Rechtsstreit mitverklagt wird, kann er nicht mehr die Zeugenstellung einnehmen. Der Arbeitgeber „verliert“ durch diese prozesstaktisch motivierte Maßnahme den üblicherweise wichtigsten Zeugen.

Isolierte Klagen gegen den angestellten Berater sind aufgrund der regelmäßig äußerst schlechten Erfolgsaussichten in der Praxis sehr selten.