SEB ImmoInvest: Chancen auf Schadensersatz nach BGH-Urteil gestiegen
Mehr als zwei Jahrzehnte war der SEB ImmoInvest einer der bedeutendsten offenen Immobilienfonds. Das bewahrte ihn dennoch nicht vor dem Aus im Mai 2012. Betroffene Anleger haben nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber gute Chancen auf Schadensersatz. Der SEB ImmoInvest wurde bereits im Mai 1989 aufgelegt. Der Finanzkrise konnte er allerdings nicht trotzen. Im Mai 2010 musste er der Rücknahme der Anteilsscheine aussetzen und schließen. Ursprünglich sollte die Schießung nur drei Monate dauern, doch sie war endgültig. Auch die angestrebte Wiedereröffnung zum 7. Mai 2012 scheiterte, da die liquiden Mittel nicht ausreichten, um die Rückgabewünsche der Anleger zu bedienen. Stattdessen verkündete das Fondsmanagement die Auflösung des Fonds, der nun bis zum 30. April 2017 abgewickelt werden soll. In diesem Zeitraum wird versucht, die Fondsimmobilien zu veräußern. Die Anleger erhalten turnusmäßig Ausschüttungen, deren Höhe sich maßgeblich nach den erzielten Verkaufserlösen richtet. In der Regel müssen die Anleger dabei Verluste in Kauf nehmen. „Betroffene Anleger, die sich mit dieser Situation nicht abfinden wollen, haben nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber gute Chancen, Schadensersatzansprüche durchsetzen zu können“, sagt Rechtsanwalt Nikolaus Sochurek, Peres & Partner. Der Münchener Jurist verweist auf die Urteile des BGH vom 29. April 2014 (Az. XI ZR 477/12 u.a.). Die Karlsruher Richter haben entschieden, dass die vermittelnden Banken auf das Schließungsrisiko offener Immobilienfonds ungefragt hinweisen müssen. Denn die Möglichkeit, die Anteilsrücknahme aussetzen zu können und den Fonds zu schließen, bedeute für die Anleger ein stetiges Liquiditätsrisiko, da sie in dieser Phase nicht frei über ihr Geld verfügen können. Die höchstrichterliche Rechtsprechung lässt sich auch auf Verträge anwenden, die bereits vor der Finanzkrise 2008 abgeschlossen wurden. Rechtsanwalt Sochurek: „Lange war umstritten, ob die Bankberater auf das Schließungsrisiko offener Immobilienfonds hinweisen müssen. Der BGH hat in diesem
Punkt endlich für Klarheit gesorgt und im Sinne des Anlegerschutzes entschieden. Anleger müssen jedoch nicht nur über die Möglichkeit zur Aussetzung der Anteilsrücknahme, sondern auch über alle weiteren Risiken bei offenen Immobilienfonds im Zuge einer ordnungsgemäßen Anlageberatung aufgeklärt werden.“ Verstößt die Bank gegen ihre Beratungspflichten, können die Anleger Schadensersatzansprüche geltend machen. Allerdings muss immer im Einzelfall geprüft werden, ob eine fehlerhafte Anlageberatung durch die Bank vorliegt. Betroffenen Anlegern ist daher zu raten, anwaltlichen Rat einzuholen. Hier gilt: Augen auf bei der Anwaltswahl. Kanzleien, die mit Rundschreiben auf Mandantenfang gehen, sind
nicht immer die besten Berater. Misstrauen gegen unerbetene Anschreiben ist durchaus erlaubt. Kritische Rückfragen sollten in jedem Fall gestellt werden und der betreffende Anwalt muss die Bereitschaft erkennen lassen, sich mit den Besonderheiten des Einzelfalles zu befassen. Vorsicht gilt grundsätzlich auch bei standardisierten Fragebögen zur Sachverhaltserfassung, da stets die Gefahr besteht, dass der individuelle Einzelfall in den Hintergrund tritt. Rechtsberatung ist kein Massengeschäft.